Besser spät als nie: Die „Ehe für alle“ ist da!

Am 1. Oktober 2017 gab es Grund zu feiern: Die „Ehe für alle“ trat in Kraft. Der Paragraf 1353 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) besagt jetzt:

„Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen“.

Nun ist es also möglich, dass zwei Männer heiraten. Oder dass zwei Frauen heiraten. Und dieser Bund heißt ebenfalls „Ehe“ und weist keinerlei Unterschiede zur traditionellen Verbindung zwischen Mann und Frau auf. Wir haben also jetzt endlich gleiches Recht für alle. Lange hat’s gedauert, aber besser spät als nie. Cheers!

Ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur „Ehe für alle“ war das Lebenspartnerschaftsgesetz, das im August 2001 in Kraft trat. Es sah vor, dass zwei Männer oder zwei Frauen eine Lebenspartnerschaft eintragen lassen konnten. Mein Mann und ich haben das im Juli 2003 getan. Es war ein bewegendes Erlebnis, ein unvergessliches Fest mit Familie, Kollegen und Freunden, an das ich gerne zurückdenke. Für mich gab es nie einen Unterschied zur Ehe: Ich habe immer gesagt „verheiratet“ und nicht „verpartnert“, „Ehemann“ und nicht „Partner“, „Hochzeit“ und nicht „Verpartnerung“– auch wenn das damals juristisch nicht korrekt war.

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Die Lebenspartnerschaft wurde anfangs – auch von vielen Schwulen und Lesben – als „Ehe zweiter Klasse“ mit mehr Pflichten als Rechten kritisiert. Tatsächlich blieben Benachteiligungen etwa im Miet-, Erb- und Steuerrecht. Und auch Adoptionen waren nicht möglich. Aber das Rechtsinstitut war zumindest ein Anfang – der Einstieg in die „Ehe für alle“. Die Unterschiede zur herkömmlichen Ehe wurden – wenn auch oft erst auf Druck des Bundesverfassungsgerichts – nach und nach beseitigt. Zum Schluss war der Unterschied zwischen Lebenspartnerschaft und Ehe gar nicht mehr so groß. Und nun? Bestehende Lebenspartnerschaften können in eine Ehe umgewandelt werden, wenn die Partner das wollen. Wenn nicht, besteht die Lebenspartnerschaft einfach weiter. Neue gleichgeschlechtliche Partner können allerdings nur noch eine Ehe schließen. 2015 lebten 43.000 Homo-Paare in Deutschland in eingetragenen Lebenspartnerschaften – gut möglich, dass es mit der „Ehe für alle“ nun deutlich mehr werden!

Mein Mann und ich waren uns im Herbst des letzten Jahres schnell einig: Wir werden noch einmal aufs Standesamt marschieren und unsere Lebenspartnerschaft in eine Ehe umwandeln. Meine bessere Hälfte hatte allerdings einen speziellen Wunsch: „Wir machen das am gleichen Datum wie 2003 – ich habe keine Lust auf einen zweiten Hochzeitstag!“

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Diskriminierungen zu beseitigen und eine aufgeschlossene Atmosphäre zu schaffen, in der sich auch Minderheiten wohlfühlen, gehört zu den Aufgaben des Gesetzgebers – aber auch des Arbeitgebers. Hier hat die Westfalen Gruppe vieles richtig gemacht.

Die Westfalen Führungsriege unterstützt aktiv die Sache unserer LGBT-Community*. So ermöglichte Renate Fritsch-Albert, dass 2015 und 2016 der Frühjahrsempfang des Münsteraner CSD-Vereins** in der Unternehmenszentrale stattfinden konnte. Sie beteiligte sich aktiv mit Redebeiträgen an diesen Veranstaltungen. „Wir sind zwar konservativ, aber modern und aufgeschlossen“, betonte sie. „Wir begrüßen Ihr Engagement!“

Ich habe in meinen über 20 Dienstjahren nicht die leiseste Diskriminierung erfahren – weder von Kollegen noch von Führungskräften. Im Gegenteil: Zu meiner Verpartnerung 2003 habe ich als erster schwuler Bräutigam des Unternehmens anstandslos die gleichen Boni erhalten wie jeder Hetero-Hochzeiter: Geldbetrag, Blumenstrauß und Glückwunschkarte. Westfalen hat also schon 2003 die „Ehe für alle“ gelebt!

Viele Grüße
Stefan Jung

* Die LGBT-Gemeinschaft umfasst Lesben und Schwule (=Gays), aber auch Bi- und Transsexuelle.

** Der CSD-Verein aus Münster organisiert alljährlich die sommerlichen Prideweeks rund um den Christopher Street Day (CSD), den Fest-, Gedenk- und Demonstrationstag der LGBT-Community.




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6 Kommentare Gib deinen ab

  1. Holger Laugisch sagt:

    Hallo Herr Jung,
    toller Blog. Vielen Dank für diesen ehrlichen Beitrag. Ich wünsche Ihnen weiterhin alles erdenklich Gute.
    Holger Laugisch

  2. Nicole Lohkamp sagt:

    Hallo Herr Jung,
    das ist doch mal ein sehr schöner Beitrag zum Valentinstag 🙂
    Hat mir Spaß gemacht diesen zu lesen.
    Auf diesem Wege sage ich daher noch “Herzlichen Glückwunsch!” und wünsche Ihnen alles Gute für die weitere gemeinsame Zeit.
    Viele Grüße
    Nicole Lohkamp

  3. Hildegard Werth sagt:

    Lieber Stefan,
    danke für den wunderbaren und ehrlichen Blog-Beitrag. Ich erinnere mich noch gerne an eure Verpartnerung und wünsche euch eine ebenso schöne Hochzeitsfeier!
    Liebe Grüße
    Hildegard Werth

  4. Georg Gennerich sagt:

    Hallo Herr Jung,
    gratuliere zu Ihrem Blog.
    Die letzten juristischen Schranken sind endlich gefallen.
    Bleibt zu hoffen, dass die Schranken in den Köpfen vieler Menschen sich sukzessive auch weiter öffnen.
    „Dont’t dream it, be it!“
    Ihnen und Ihrem Mann alles Gute!
    Georg Gennerich

  5. K. Vosse sagt:

    Lieber Stefan,lieben Dank für deinen Blog-Beitrag und den schönen Einblick in euer privates Fotoalbum 🙂 Die "Ehe für alle" hat sehr lange gedauert, obwohl es im Grunde eine Selbstverständlichkeit ist. Seit Oktober 2017 ist sie endlich auch Realität. Das ist eine gute Nachricht. Und ein Grund zur Freude. Doch das Gesetz der Gleichstellung spaltet weiter unsere "moderne" Gesellschaft. Mögen sich die leider noch bestehenden Blockaden in den Köpfen der Menschen lösen. Freier, gerechter, offener – für alle in unserer Gesellschaft! Deinem Mann und Dir wünsche ich alles Gute für eure Ehe 2.0 🙂Herzliche GrüßeKatrin

  6. Ralf Feldhaus sagt:

    Hallo Stefan,
    Glückwunsch zum tollen Blog. Wir können schon echt froh sein, in so einem tollen Unternehmen mit vielen tollen Kolleginnen und Kollegen zu arbeiten. Dir persönlich wünsche ich in deiner Ehe alles Gute und eine wunderbare Zeit zusammen.

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