Strom im Blut – 2. Teil

Erlebnis E-Cannonball 2020

Den 1. Teil noch nicht gelesen? Hier geht’s zurück zum 1. Teil mit Anreise, Strategie, Public Event und hektischem Start…

Ein Defekt mit Folgen – und keine anderen Optionen

„Alles klar, der Lader läuft!“ Das teilt uns telefonisch der Betreiber mit. Wir fragen schließlich extra an, um keine bösen Überraschungen zu erleben. Als wir vor Ort ankommen und an die E-Ladesäule heranfahren, stellen wir dann aber fest, dass diese außer Betrieb ist. Wir finden eine Ansprechpartnerin. Die sagt: „Alles nicht klar, der Lader hat schon länger einen Hardwaredefekt.“ Damit lautet die Devise jetzt: Umswitchen! Wir finden einen 11 Kilowatt-Lader in der unmittelbaren Nähe als Notlösung, doch auch dieser ist defekt. Schließlich ist unsere Rettung ein Unternehmen, dass uns einen Starkstromanschluss für das Notladekabel zur Verfügung stellt. Von da an heißt es: Abwarten und viel Kaffee trinken – denn wir laden jetzt nur mit 11 Kilowatt statt 140 Kilowatt.

Während wir bis zur zweiten Sonderprüfung permanent auf Platz zwei bis drei in der oberen Fahrzeugklasse lagen, fallen wir nun Minute um Minute weiter zurück. Am Ende verlieren wir zweieinhalb Stunden Zeit (!!!) und liegen damit im hinteren Drittel unserer Leistungskategorie. Damit wird uns klar, dass die Umgebung der Sonderprüfungen nicht gerade die beste Ladeinfrastruktur aufweist – ob das Absicht ist? Jedenfalls tappen wir ordentlich in die Falle, wie auch andere Mitstreiter, die ebenfalls die defekte E-Ladesäule ansteuern. Immerhin haben wir großartige Gespräche in unserer Schicksalsgemeinschaft. 😊

Entschleunigung – vor den Augen von zehntausenden Fans

Das ist auch ein wichtiger Punkt: Das Elektroauto fördert die Kommunikation. Wir führen an den verschiedenen Ladespots sehr viele nette Gespräche mit anderen Elektroautobesitzern und auch vielen Verbrenner-Fahrern, die großes Interesse zeigen. Dabei stellen wir auch fest, wie wenig das Thema eigentlich bisher in der Realität angekommen ist. Und wie stark die öffentliche Wahrnehmung eigentlich von Mythen geprägt ist.

Eine weitere Erkenntnis: Gerade für uns beide, die sonst immer sehr schnell unterwegs sind – hohe Reisegeschwindigkeit, kurz tanken, direkt weiter – wirkt das Elektroauto selbst beim halbstündigen Schnellladen sehr entschleunigend. Es lässt einen zur Ruhe kommen von einer anstrengenden schnellen Fahrt. Man macht eine ausführliche Pause, die man eigentlich nötig hat, gerade bei Fahrten mit hohem Ermüdungsfaktor. Die längeren Lade-Pausen sind beim Elektroauto immer ein Kritikpunkt. Wir drehen die Kritik jetzt mal um und finden: Das ist einfach super! Nur vielleicht im Moment einer Rallye nicht… 😉

Jedenfalls können wir nach dem Lade-Fiasko unseren Rückstand nicht mehr Wett machen, auch wenn wir fahrertechnisch am Limit bleiben. Wir folgen dem YouTube-Stream und dem Live-Tracking des Veranstalters, sehen, wo die anderen Teams gerade sind und berichten auch selbst aus dem Cockpit. Wir trauen unseren Augen kaum, dass zwischenzeitlich 60.000 bis 70.000 Viewer dem E-Cannonball Livestream folgen. Wir haben also die Aufmerksamkeit eines komplett gefüllten Fußball-Bundesliga-Stadions. Das spornt uns an, bis zum Schluss noch einmal alles zu geben.

Zieleinfahrt – zweieinhalb Stunden hinter der eigenen Strategie

Zwischenzeitlich machen wir noch zwei Ladestopps, einer an einem Schnelllader bei Paderborn, um die 11 Kilowatt-Notladung aufzufangen – und einer kurz vor dem Ende in Duisburg. Diese Ladevorgänge funktionieren wieder reibungslos, weil es jeweils sehr gut ausgestattete Schnelllader an der Autobahn sind. Generell machen wir die Erfahrung, dass die Ladeinfrastruktur gerade an den Hauptverkehrsachsen schon sehr gut funktioniert.

Der Polestar 2 wird noch einmal geladen.

Am Ende schaffen wir es mit 51 Prozent Akkuladung und ohne Strafpunkte ins Ziel einzufahren. Wir liegen zeitlich genau zweieinhalb Stunden hinter unserer strategischen Kalkulation und tauchen damit im hinteren Drittel unserer Leistungskategorie im Ranking auf.

E-Mobilität mit viel Potenzial – passende Konzepte gefragt

Platzierung hin oder her – insgesamt sind wir einfach nur begeistert vom großartigen E-Cannonball 2020! Wir haben dabei viel über den Status quo der E-Mobilität in Deutschland gelernt. Wir finden, dass die aktuellen Elektroautos mittlerweile den Verbrennern gerade auch beim Fahrkomfort in nichts mehr nachstehen. Sie sind superleise, sauber, mit kraftvollem Drehmoment. Das will keiner mehr missen, der es einmal richtig ausprobiert hat.

Entwicklungspotenzial sehen wir noch in der Ladeinfrastruktur, aber hier tut sich mittlerweile viel. Wir finden es super, dass die Westfalen Gruppe weitere Schnellladesäulen an den Start bringt – das ist definitiv der richtige Weg aus unserer Sicht als Elektroautofahrer. Auch finden wir den intercharge-Ansatz euerer Westfalen Service Card + eCharge sehr gut, denn die Bezahlsysteme für Ladestrom müssen noch mehr vereinheitlicht werden!

Strom im Blut – das haben wir beide jetzt spätestens seit dem E-Cannonball. Wir glauben, dass demnächst noch viel mehr Menschen auf Elektroautos umsteigen. Dann ist es nur richtig, wie Westfalen mit den passenden Konzepten gewappnet zu sein!

Euer Danny und Ron

Zu den Autoren:

Danny von Beinen lebt im Raum Lörrach und ist als Wirtschaftsingenieur im Vertrieb für einen großen Hersteller von Systemen für die Energie- und Datenübertragung tätig.

Ron Glücksberg lebt im Kanton Solothurn in der Schweiz, wo er als Wirtschaftsingenieur im Qualitätsmanagement eines großen Uhrenherstellers arbeitet.

Ein Kommentar Gib deinen ab

  1. Sabine Heese sagt:

    Toller Erlebnisbericht mit vielen Fakten rund um E-Mobilität.
    Vielen Dank!

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